Werther. Sprache der Liebe
| von Kristo Šagor
Nach dem Briefroman DIE LEIDEN DES JUNGEN WERTHERS
von J.W.v.Goethe.
| STADTTHEATER BRUNECK (Südtirol/IT) – Saison 2022/23
in Kooperation mit THEATERKAHN DRESDEN (DE) und TEAMTHEATER MÜNCHEN (DE)
Premiere in Bruneck: 14. April 2023
Premiere in Dresden: 12. Mai 2023
Premiere in München: 13. Juli 2023
| Regie & Bühne: Claus Tröger, Kostüme: Christine Lasta, Regieassistenz: Greta Bernardi
| DarstellerInnen: Janina Raspe, Jasmin Mayrhofer, Manuel Köhler
Kristo Šagors Stück geht eigenwillig mit Werther um. Fast keine Zeile ist dem berühmten Goethe-Text hinzugefügt, Šagor hat ihn vielmehr zerpflückt und neu gemischt, verdichtet und auf drei Hauptrollen verteilt: Werther, Lotte und Albert. Im Spiel mit dem Goethe-Material will der Dramatiker die 'Sprache der Liebe' erkunden und findet darin Schwärmerei, Weltflucht und Egoismus. In seiner unbeherrschten Verwegenheit erweist sich Werther als Liebesegoist, der sich selbst verliert und tragisch endet.
Wenn wir uns selber fehlen, fehlt uns doch alles.
— Die Inszenierung stellt darüber hinaus die Frage: WAS – wenn WERTHER eine Frau wäre …?
Fotos: silbersalz, Caro Renzler
PRESSE:
Süddeutsche Zeitung (Leonore Winkler, 14.07.2023)
Geliebte Werther — Verdichtet und neu angeordnet: Im Teamtheater Tankstelle inszeniert Claus Tröger eine großartige Adaption von Goethes ‹Die Leiden des jungen Werther›.
Ein kleines Theater verzeiht Schauspielerinnen und Schauspielern keine Fehler. Das Publikum ist zu nah, es sieht jedes Detail und jede Regung. Umso beeindruckender ist die Performance der Darstellenden im Teamtheater Tankstelle. Der Regisseur Claus Tröger besetzt die Adaption
"Werther. Sprache der Liebe" von Kristo Sagor mit zwei Schauspielerinnen und einem Schauspieler. Es braucht lediglich Janina Raspe, Jasmin Mairhofer und Manuel Köhler, um "Die Leiden des jungen Werther" zu erzählen. In nur einer Stunde lachen, schreien, tanzen, lieben und kämpfen sie sich durch Goethes Briefroman. Die Handlung bleibt dabei unverändert: Werther ist unglücklich in Lotte verliebt, die jedoch Albert heiratet. Die Unmöglichkeit dieser Liebe treibt Werther in den Suizid.
So klassisch wie das Werk ist, so modern ist die Adaption: Der Briefroman wird seziert, verdichtet und neu angeordnet. Gleiche Worte bekommen so neue Bedeutungen. Fragen werden zu Warnungen, Monologe zu Dialogen. Momente der Sinnlichkeit werden durch Musik begleitet, Momente der Wut durch rhythmisches Fingerschnippen gewichtet.
Die Sprache der Liebe braucht keine Requisiten.
Das Bühnendesign ist schlicht und gleichzeitig eindrücklich: Die Sprache der Liebe braucht kaum Requisiten und keine Extravaganz. Da werden die Schuhe von Lotte plötzlich der Ausdruck einer Entscheidung, eines Bekenntnisses. Alles ist weiß, so auch der Rahmen der bodenlangen Glasscheiben, die in der Mitte der Bühne stehen. Mal dienen sie als Tafel für einen Liebesbrief, mal als Spiegel, mal als Trennwand zu Albert. Stoisch sitzt oder steht dieser auf der Bühne, auch während der hastigen Liebesbekenntnisse von Werther und Lotte. Albert ist eine dauerpräsente Mahnung, für Werther und für das Publikum.
In einem Wechsel aus zärtlicher Intimität und nachdenklichen Monologen beobachten die Zuschauenden das Schauspiel oder werden selbst Teil des Stücks: Zwischendurch wendet sich Werther so vertraut an das Publikum, als handle es sich um einen guten Freund. Es wirkt fast schon wie ein Verrat, dass am Ende der frenetische Applaus für die Darstellung ausbleibt. Dabei hätten die Liebe und das Unglück, die Schwärmerei und die Zerrissenheit von damals kaum besser in das Theater von heute eingebettet werden können. Daran ändert das eine Detail, das der Regisseur Claus Tröger in seinem Stück angepasst hat, nichts - Liebe ist Liebe. Und Werther ist eine Frau.