Claus Tröger

Claus Tröger: Der Dozent

Der Dozent


Claus Tröger: Der Dozent
Nach ersten Lehr­aufträge in den Jahren 2001/2002/2004 war Claus Tröger von 2010 bis 2015 als Dozent in den Schwerpunktfächern Gegenwartsdramatik und Rollen­studium an der Europäischen Theater­schule Bruneck (Südtirol/Italien) tätig.

Claus Tröger: Europäische Theaterschule Bruneck
Zu seinen StudentenInnen gehörten u.a.:
Brigitte Knapp, Hannes Holzer, Michaela Schmid,
Petra Rohregger und Jasmin Barbara Mayrhofer

MIR TRÄUMTE, ICH WÄRE EIN SCHAUSPIELER ...

... Alleine in einem großen Theater, auf einer großen Bühne. Alle Zuschauer­ränge sind leer. Am Boden liegen noch weg­gewor­fene Programm­hefte und Eintritts­karten. Überbleibsel menschlicher Regung nach einem thea­tra­len Abend. Morgen früh ab sieben Uhr werden unfreund­liche Damen des Putz­trupps durch die Zuschauer­reihen fegen und den gestrigen Abend zur Geschichte machen. Vorbei, vergessen.

Ich sitze an der Bühnenrampe. Meine Füße baumeln in den Orchester­graben. Ein offenes Loch ins Nirgendwo. Nur ein einzelner Schein­werfer erhellt dämonisch den Bühnen­raum. Er ist für die Bühnen­geister gedacht. Wenn man über Mitter­nacht im leeren Bühnen­raum ein Licht angeschal­tet lässt, sind die Geister des Theaters dem Haus wohl gesonnen. So sagt man. Dann können sie ungestört ihre Rollen wieder­geben, ihre Schar­mützel austragen, ihre Bos­haf­tig­kei­ten und Intrigen spinnen. Ein Freiraum der Phantasie.

MIR TRÄUMTE, ICH WÄRE EIN SCHAUSPIELER ...

... Ein kleiner, mittelmäßiger. Der Angst vor den Auftritten hat, textunsicher ist und weiß, dass viele am Haus gekonnter als Carlos, Kaspar oder Woy­zeck über die Bühne gehen. Gekonnter lachen, gekonnter sprechen und gekonnter geliebt werden. Ich weiß es und erkenne es an der Gar­de­robe, die ich mit drei anderen Mittel­mäßigen teilen muss, erkenne es an der feh­len­den Garde­robiere, an den fehlen­den Kompli­men­ten und an den Er­mah­nungen des Ober­spiel­leiters.

MIR TRÄUMTE, ICH WÄRE EIN SCHAUSPIELER ...

... Mit einer weißen Maske im Gesicht und einem knall­roten Mund. Das Kostüm ist zu weit, die Puff­ärmel zu kurz und der spitz zulau­fende Hut in schwarz-weiß zu klein. Die rote ange­klebte Nase juckt und der Regie­hinweis, immer zu lächeln, ist Über­for­derung und kein Trost. Die schwarzen Lack­schu­he sind zu eng, der Scheinw­erfer zu grell und das Publikum zu laut.

Ich stehe verloren in einem Eck der großen Bühne und warte, bis der rote Teppich ausgerollt ist, der nicht mir gilt. Ich bin nur der Clown, der Harle­kino, der im Programm­heft fehlt und der das Publi­kum zum Lachen bringen soll, was ihm nicht gelingt. Der kleine Harle­kino, der im Schatten der großen Rol­len auf seinen Auf­tritt wartet und den jeder vergisst. Der kleine Harle­kino, der durch­sichtig ist und verwundet und ein­sam. Der kleine Harle­kino, den es garnicht gibt.

Mir träumte, ich wäre ein Schauspieler. Und mir wurde im Traum bewusst, schnell aufwachen zu wollen.

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